Nachruf auf unseren längstgedienten Kommandanten

Mit dem am 1.10.2022 verstorbenen Rechtsanwalt und langjährigen (1955 – 1991) Kommandanten der freiwilligen Feuerwehr der Stadt Salzburg, Wache Bruderhof, Oberbrandinspektor Dr. Rudolf Moser hat eine Persönlichkeit, die das Ehrenamt im Bereich der Feuerwehr in der Stadt Salzburg nachhaltig geprägt und geformt hat, diese Welt verlassen.

Wer war der Mann, der der Freiwilligen Feuerwehr der Landeshauptstadt so nachhaltig den Stempel seiner Persönlichkeit aufgedrückt hat?

Rudolf Moser wurde 1926 in Salzburg als Sohn aus Kärnten stammender Eltern geboren, absolvierte die Realschule und trat bereits 1940 in die sogenannten „Feuerwehrscharen der Hitlerjugend“ ein, wo er in der Feuerwache Bruderhof Dienst machte. Vom Juli 1943 bis Februar 1944 als Luftwaffenhelfer bei einer Flak-Einheit eingesetzt, meldete er sich nach dem „Kriegsabitur“– wie viele seiner Freunde in der Feuerwehr – 1944 freiwillig zum Dienst in der deutschen Kriegsmarine. (Anm.: So konnte man der logischerweise folgenden Einziehung zum Dienst in der SS entgehen, da die sogenannten „HJ-Helfer“ als Hilfsfeuerwehrmänner, wie die gesamte „Feuerlöschpolizei“, dem „Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei“ unterstanden).

Der Kriegseinsatz in der Ostsee endete für Rudolf Moser am 20.1.1945 als Fähnrich zu See mit der Versenkung des Hilfskreuzers, auf dem er Dienst machte. 1946 kehrte er nach Salzburg zurück; über seine traumatischen Erlebnisse, Leid und Tod, Schiffsuntergang und Kriegsgefangenschaft hat er (wie viele seiner Generation) nur wenigen Vertrauten erzählt.

In Salzburg nahm Rudolf Moser seinen freiwilligen Dienst in der Feuerwache Bruderhof wieder auf, unterbrochen von Aufenthalten an der Universität in Innsbruck, wo er ein Studium der Rechtswissenschaften absolvierte und nach Tätigkeiten als Angestellter in der elterlichen Lederhandlung und den zu absolvierenden Gerichtspraktiken eine Rechtsanwaltskanzlei gründete.

In der Feuerwehr wurden seine Führungskompetenzen schnell erkannt, 1953 Löschmeister, listet ihn die Chronik ein Jahr später bereits als „Brandmeister und Wacheführer-Stellvertreter“ auf. Im folgenden Jahr wählte ihn die Mannschaft erstmals zum Kommandanten, eine Funktion, in die er in 5-Jahresabständen immer wieder einhellig gewählt wurde und die er 37 Jahre lang ausübte.

Mit Rudolf Moser übernahm ein Mann die Führung der freiwilligen Feuerwehr Bruderhof , der mit vorausschauendem Weitblick, scharfem Intellekt und zäher Zielstrebigkeit gerade noch rechtzeitig in den damals herrschenden, durch die Rahmenbedingungen der Nachkriegszeit bestimmten, Interessenskonflikt zwischen den hauptberuflichen und ehrenamtlich tätigen Einsatzkörpern der Feuerwehr zu Gunsten der letzteren eingriff.

Die genannten Umstände waren eine im Strudel des Wiederaufbaues nach dem Krieg ständig wachsende Stadt, die einen immer größer werdenden Brandschutz benötigte, im Gegenzug dazu aber von politischer Seite eine Geringschätzigkeit gegenüber dem Ehrenamt und eine wohlwollende Bevorzugung der seit 1948 bestehenden Berufsfeuerwehr, die deren Kommandant geschickt zu nutzen wusste. Der Neubau der „Feuerwache Maxglan“ führte 1953 zur (sicher auch aus Frustration über die herrschenden Zustände zum Teil selbstverschuldeten) Auflösung der freiwilligen Feuerwehren „Residenz“ und „Maxglan“. Rudolf Moser sah zweierlei voraus. Erstens, dass die Freiwillige Feuerwehr im Bruderhof das nächste Opfer in dieser Reihe von Auflösungen sein würde (Anm.: So wie in den 15 Jahren davor waren u.a. die Feuerwehren Liefering, Aigen, Parsch, Leopoldskron, Morzg-Kleingmain und einige Betriebsfeuerwehren). Zweitens, dass, nach dem Verschwinden der (damals) großen Stützpunkte der freiwilligen Feuerwehr Residenz, Maxglan und Bruderhof, die Außenwachen Gnigl und Itzling bestenfalls nur noch ein Schattendasein führen und, ähnlich wie in Wien und Graz, das Ehrenamt in der Feuerwehr zur Gänze verschwinden bzw. in die Bedeutungslosigkeit versinken würde. Es entsprach seinem Naturell, von seiner Vorstellung eines Mischsystems, einem Zusammenwirken von ehrenamtlichen und hauptberuflichen Kräften, als beste Möglichkeit eines wirkungsvollen Brandschutzes für eine Stadt mittlerer Größe wie Salzburg, keinen Millimeter abzurücken.

Die Situation ab Mitte der 1950er-Jahre stellte sich folgendermaßen dar: Die (neu errichtete) Feuerwache Maxglan war ausschließlich von Kräften der Berufsfeuerwehr besetzt, in der Feuerwache Bruderhof verfügte die freiwillige Feuerwehr, trotz der nach dem Krieg durchgeführten Erweiterungs- und Sanierungsbauten, lediglich über einen (fensterlosen) kleinen Mannschaftsraum, einen kleinen Aufenthaltsraum und ein 14 Quadratmeter umfassendes Büro, das als Kommandoraum, Verwaltungsbüro und Depot für die gesamte Freiwillige Feuerwehr der Stadt Salzburg dienen musste. Auch stand der Freiwilligen Feuerwehr lediglich ein Stellplatz für ein einziges, 1940 in Dienst gestelltes Löschfahrzeug zur Verfügung. Erweiterungsbauten in der kleinen (von der Freiwilligen Feuerwehr besetzten) Feuerwache Itzling waren seitens der Stadt nicht vorgesehen, in einen Zubau der (von der Freiwilligen Feuerwehr besetzten) Feuerwache Gnigl war bereits der technische Zug der Berufsfeuerwehr eingezogen. Die vorgehabten Pläne einer weiteren Feuerwache in der damaligen Riedenburgkaserne hatten sich zerschlagen.

Für Rudolf Moser war die weitere Entwicklung klar, die Berufsfeuerwehr würde jede (aus ihrer Sicht notwendige) weitere Expansion auf Kosten der ehrenamtlichen Kräfte realisieren (müssen). Die Zeichen dafür sprachen auch Bände: Der Kommandant der Berufsfeuerwehr nutzte seine Stellung als Bezirksfeuerwehrkommandant, um der Freiwilligen Feuerwehr bei jeder Gelegenheit das Leben schwer zu machen, was in den Fällen „Residenz“ und „Maxglan“ ja bereits zur erwünschten Auflösung geführt hatte. So beschied er z. B. jedes Prüfungsersuchen des Magistrates, ob eine Neuanschaffung von Fahrzeugen für die Freiwillige Feuerwehr erforderlich sei, negativ. Auch blockierte er als landesweit Verantwortlicher für die Ausbildungskurse von freiwilligen Feuerwehrleuten die Teilnahme von Mitgliedern aus der Landeshauptstadt. Und er verhinderte, wann immer es ging, die Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehr zu Einsätzen. Anfragen aus der Presse und der Politik dazu begründete er mit den von ihm absichtlich verursachten Mängeln in der Freiwilligen Feuerwehr: Kein modernes Gerät, zu wenige Fahrzeuge, insbesondere keine Tanklöschfahrzeuge, Fehlen von ausgebildetem Führungspersonal, mangelnde Einsatzmotivation.

Moser konterte: Eine kleine Erbschaft zu Gunsten der ehrenamtlichen Kräfte nutzte er mit Hilfe seines juristischen Fachwissens zur Gründung eines Fördervereines, der „Feuerwehrkameradschaft Bruderhof“, damit erreichte er finanzielle Unabhängigkeit. Aus den Erlösen von Sammlungen und Veranstaltungen (wie dem legendären Maskenball der FF-Bruderhof im Sternbräu) konnten danach Fahrzeuge quasi „am Branddirektor vorbei“ angekauft werden, die danach der Stadt unter der Auflage der Zuteilung an die Freiwillige Feuerwehr, geschenkt wurden. Auf diese Weise wurden in der Ära Rudolf Moser 3 Kleinlöschfahrzeuge zur Gänze und 2 Tanklöschfahrzeuge zum Teil für die Stadt Salzburg beschafft, oder besser gesagt, von der Mannschaft erarbeitet und erbettelt. Hinsichtlich des Mangels an Stellplätzen behalf man sich durch die Anmietung von privaten Garagen in der Nähe der Wache. Auch für das Problem der fehlenden Ausbildung und Nachwuchsschulungen fand Moser eine Lösung: Ausbildungskurse in der Niederösterreichischen Landesfeuerwehrschule in Tulln (und damit außerhalb des Einflusses einer Berufsfeuerwehr, jedoch nach den anzuerkennenden Richtlinien des Bundesfeuerwehrverbandes) sicherten den Bedarf an Lösch- und Brandmeistern. Die Mannschaft von Rudolf Moser nahm alle diese Schwierigkeiten in Kauf, gerade die Größe der zu bewältigenden Schwierigkeiten hatte aus den Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr Bruderhof eine in sich verschworene Gemeinschaft geformt, die zu ihrem Kommandanten hielt.

Mitte der 1970er Jahre trat mit dem Nachfolger des bisherigen Branddirektors eine Phase der Entspannung ein. Ein neuer Ressortbürgermeister (Dr. Franz Kläring), brachte überdies ein anderes Verständnis für das Ehrenamt mit, die lange Durststrecke des ständigen Überlebenskampfes der freiwilligen Feuerwehr Bruderhof war damit vorerst beendet. Die Verbesserung der Ausrüstungssituation, die weiterhin gepflegte Erneuerung des Fuhrparks, die Anschaffung einer Strahlenschutzausrüstung oder auch die sich als so erfolgreich für die Rekrutierung von Nachwuchs zeigende Gründung einer „Feuerwehrjugend“ belegt, dass Rudolf Moser sich auch in „besseren Zeiten“ niemals zum Rasten zurückgelehnt, sondern Weitblick und Zukunftsorientiertheit bewiesen hat. Sein letztes großes Vorhaben, ein Neubau, war ihm in seiner Dienstzeit nicht mehr vergönnt, aber die vom ihm geleistete Vorarbeit ermöglichte es der nachfolgenden Generation, die Erfüllung dieses Vorhabens zu erleben, dessen Notwendigkeit jedem, der die beengten Verhältnisse im „Bruderhof“ kannte, verständlich ist. Sein Löschzug dankte ihm dafür mit der Verleihung des „Bruderhof – Ehrenringes“.

Bleibt dem Schreiber dieser Zeilen in der Rezension nur noch festzuhalten, dass alle Befürchtungen des nun Verstorbenen vielleicht nicht real, aber um ihrer Möglichkeit willen, doch glaubhaft waren. Und das weder die Stadt Salzburg, noch ihre Feuerwehr, Rudolf Moser wirklich für seine Leistungen, die weit über die Norm eines noch so rührigen ehrenamtlichen Feuerwehrmannes hinausgingen, entsprechend gedankt haben. Vielleicht auch, weil er sich in seiner Bescheidenheit immer nur als „primus inter pares“ gesehen hat und marktschreierisches Verkaufen seiner Person ablehnte (erst 2014 konnte sein Nachfolger die Verleihung der Bezeichnung „Ehrenlöschzugskommandant“ für ihn erreichen). Ob es das Ehrenamt in der Feuerwehr der Landeshauptstadt Salzburg ohne ihn noch geben würde, kann durchaus – auch kontrovers – diskutiert werden, in vielerlei Belangen (Unterstützungsverein, soziale Leistungen, alternative Fahrzeugbeschaffungen, Führungsstil und vieles mehr) hat Rudolf Moser zukunftsweisend Neuland betreten, die Nachahmung vieler seiner Konzepte von anderen ehrenamtlich tätigen Organisationen belegt die Richtigkeit seiner Visionen.

 

Text und Foto: OBI Vidmer Harald